Handelsgerichte in Frankreich

Handelsgerichte in Frankreich (Tribunal de commerce)  sind  erstinstanzliche Gerichte und vollkommen unabhängig von anderen Gerichten. Im Gegensatz zu Deutschland bestehen die französischen Handelsgerichte ausschließlich aus Laienrichtern, den sog. „juges consulaires“.  Es handelt sich dabei um Kaufleute, Unternehmensvertreter etc. die von ihresgleichen gewählt   werden. 

Die sachliche Zuständigkeit der französischen Handelsgerichte ergibt sich aus Art. L. 721-3 des französischen Handelsgesetzbuches (code de commerce) und aus anderen Gesetzen.  Danach sind französische Handelsgerichte insbesondere zuständig für:

  • Streitigkeiten über Verbindlichkeiten zwischen Kaufleuten, Handwerkern, Kreditinstituten, Finanzierungsgesellschaften oder untereinander ;
  • Streitigkeiten, die Handelsgesellschaften betreffen;
  • Streitigkeiten von denjenigen, die sich auf Handelsgeschäfte zwischen allen Personen beziehen.

Die Parteien können jedoch zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vereinbaren, die oben genannten Streitigkeiten einem Schiedsverfahren zu unterwerfen. In Ausnahmefällen, wenn die Bürgschaft für eine Handelsschuld nicht im Rahmen der beruflichen Tätigkeit des Bürgen eingegangen wurde, kann die Schiedsklausel dem Bürgen nicht entgegengehalten werden.

Ein weiterer grosser Tätigkeitsbereich für die französischen Handelsregister sind die Insolvenzverfahren  (Sanierungsverfahren – procédure de redressement judiciaire- und Liquidationsverfahren – procédure de liquidation judiciaire).

Immer dann, wenn das Gesetz Sonderzuständigkeiten vorsieht, wie z.B. für das Arbeitsgericht, das Tribunal de Grande Instance, für Verkehrsunfälle, für Pachtverträge, für Markenzeichen und Patente etc. ist die Zuständigkeit der Handelsgerichte ausgeschlossen.

Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit der Handelsgerichte in Frankreich ist auf die allgemeinen Vorschriften der Art. 42 – 48 der französischen Zivilprozessordnung (nouveau code de procédure civile) zurückzugreifen. Danach ist grundsätzlich das Gericht des Wohnsitzes bzw. des Gesellschaftssitzes des Beklagten zuständig. Eine andere örtliche Zuständigkeit kann sich aufgrund Sonderregeln ergeben.

Auch für die Ernennung von Sachverständigen im Rahmen von selbständigen Beweisverfahren sind die Handelsgerichte zuständig. Selbst wenn für das Hauptsachverfahren möglicherweise ein Gericht eines anderen Mitgliedsstaates zuständig ist, so können einstweilige Massnahmen einschliesslich Sicherungsmassnahmen gem. Art. 35 der Brüssel Ia-VO von französischen Gerichten entschieden werden. Die Kanzlei P & G Rechtsanwälte hat im Bereich von (technischen) Beweisverfahren eine langjährige Erfahrung und betreut dabei zahlreiche deutschsprachige Unternehmen. 

Grundsätzlich gibt es in jedem Departement ein oder mehrere Handelsgerichte.  Wenn es ausnahmsweise kein Handelsgericht geben sollte, entscheidet das Tribunal de Grande Instance. In den elsässischen Departements Haut-Rhin und Bas-Rhin und im lothringischen Departement La Moselle gibt es schon aus historischen Gründen entsprechend dem deutschen System spezielle Handelskammern beim Tribunal de Grande Instance, die mit einem Berufsrichter und zwei Laienrichtern besetzt sind.

Vor den französischen Handelsgerichten besteht  ab einem Streitwert von 10 000 € Anwaltszwang, wobei jeder in Frankreich zugelassen Anwalt vor allen französischen Handelsgerichten auftreten kann.

Gegen die Entscheidung eines Handelsgerichtes kann Berufung vor die zuständige Cour d’appel (Berufungsgericht) eingelegt werden, vorausgesetzt der Streitwert ist höher als 4.000 Euro.  Bei darunterliegenden Streitwerten ist eine Revision (pourvoi en cassation) vor die Cour de cassation (höchstes französisches Gericht in Zivil- und Strafsachen) möglich, wobei in diesem Fall jedoch nur rechtliche Rügen verfolgt werden können.  Sowohl das Berufungsgericht als auch das Revisionsbesteht bestehen nur aus Berufsrichtern.

Die Geschäftsstellen der französischen Handelsgerichte sind für die Ausfertigung der Entscheidungen des Gerichts zuständig. Darüber hinaus wird dort auch das Handelsregister geführt.
Jeder Geschäftsstelle steht ein Urkundsbeamter („officier public et ministériel“) vor, der Eigentümer der Geschäftsstelle ist und einen freien Beruf ausübt.

[1] Tribunal d‘Instance wird oft mit Amtsgericht übersetzt, zu diesem jedoch oft erhebliche Unterschiede aufweist.

[2] Tribunal de Grande Instance wird meist mit Landgericht übersetzt, wobei auch hier die Kompetenzen zum Teil sehr unterschiedlich sind.